HOWTO zu UNIX/Linux-Prozess-Schnittstellen

(C) 2007-2023 T.Birnthaler/H.Gottschalk <howtos(at)ostc.de>
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$Id: unix-process-interfaces-HOWTO.txt,v 1.36 2025/02/23 20:14:55 tsbirn Exp $

Dieses Dokument beschreibt die Schnittstellen von UNIX/Linux-Prozessen.

Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung
1.1) Standard-Schnittstellen (automatisch vorhanden)
1.2) Manuelle Schnittstellen
1.3) Übersicht
1.4) Unidirektionale Schnittstellen
2) Die Standard-Schnittstellen
2.1) Programm-Name
2.2) Aufruf-Argumente
2.3) Umgebungs-Variable
2.4) Standard-Ein/Ausgabekanäle (STDIN/STDOUT/STDERR)
2.5) Exit-Status
2.6) Eltern/Kindprozess-PID
2.7) Signale
2.8) Konfigurations-Dateien
3) Weitere Schnittstellen
3.1) Dateien
3.2) Interprocess Communication (IPC)
3.3) Netzwerk
3.4) Datenbank

1) Einleitung   (Toc)

Ein UNIX/Linux-Prozess kennt viele Schnittstellen, über die er Daten mit seiner
Umgebung (das ist sein Elternprozess, seine Kindprozesse sowie alle anderen
Prozesse) austauschen kann.

Die Schnittstellen unterscheiden sich in der RICHTUNG (uni/bidirektional) und
in der DATENMENGE, die über sie transferiert werden kann:

  * "Dünn" (nur EIN Wert übergebbar)       ----
  * "Dick" (mehr als ein Wert übergebbar)  ====
  * "Unidirektional" (nur EINE Richtung)   --->  ===>
  * "Bidirektional" (ZWEI Richtungen)      <-->  <==>

1.1) Standard-Schnittstellen (automatisch vorhanden)   (Toc)

Der 1. Teil umfasst die AUTOMATISCH vorhandenen Standard-Schnittstellen, die
von den Prozessen sofort (ohne sie zu "öffnen") benutzt werden können. Oft
werden dies Schnittstellen sogar "stillschweigend" genutzt, ohne dass dies
großartig auffällt (IN=Eingabe, OUT=Ausgabe, "/"=entweder-oder,
"+"=gleichzeitig):

  +---------------------------------------+--------+---------------------------+
  | Name                                  |  Art   | Datentyp                  |
  +---------------------------------------+--------+---------------------------+
  | 1) Programm-Name                      |   IN   | Ein Wort                  |
  | 2) Aufruf-Argumente                   |   IN   | Liste von Worten          |
  | 3) Umgebungs-Variable                 |   IN   | Paare der Form VAR=TEXT   |
  | 4a) Standard-Eingabekanal (STDIN)     |   IN   | Byte-Strom (Text/Daten)   |
  | 4b) Standard-Ausgabekanal (STDOUT)    |   OUT  | Byte-Strom (Text/Daten)   |
  | 4c) Standard-Fehlerkanal (STDERR)     |   OUT  | Byte-Strom (Text/Daten)   |
  | 5) Exit-Status                        |   OUT  | Eine Zahl  (0-255)        |
  | 6) Eltern/Kindprozess-PID             |   IN   | Zahl(en)   (0-65Tsd/2Mrd) |
  | 7) Signale                            | IN+OUT | Eine Zahl  (0-31/63)      |
  | 8) Konfigurations-Dateien             |   IN   | Byte-Strom (Text/Daten)   |
  +---------------------------------------+--------+---------------------------+

1.2) Manuelle Schnittstellen   (Toc)

Der 2. Teil der Schnittstellen muss im Programm explizit GEÖFFNET werden, d.h.
im Prozess muss durch einen "open"- oder "connect"-Aufruf explizit eine
Verbindung dafür hergestellt werden (IN=Eingabe, OUT=Ausgabe, "+"=gleichzeitig):

  +--------------------------------------+--------+-------------------------+
  | Name                                 |  Art   | Datentyp                |
  +--------------------------------------+--------+-------------------------+
  | 9) Dateien (Geräte)                  | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  | 10) Netzwerk (UDP/TCP-Socket)        | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  | 11) IPC (Interprocess Communication) | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  |     Named Pipe (FIFO)                | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  |     Locking                          | IN+OUT | Boolean    (Text/Daten) |
  |     Semaphor                         | IN+OUT | Zahlen     (Text/Daten) |
  |     Message Queue                    | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  |     Shared Memory                    | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  |     Memory Mapped Files              | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  |     UNIX-Socket                      | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  | 12) Datenbank (UDP/TCP-Socket, Named | IN+OUT | Byte-Strom (Text/Daten) |
  +--------------------------------------+--------+-------------------------+

1.3) Übersicht   (Toc)

Alle prinzipiell möglichen Schnittstellen sind in der folgenden Grafik
dargestellt (die automatischen im oberen Bereich, die manuellen im unteren):

                              +---------+
        1) Programm-Name ---> |         | ===> 4c) STDERR
     2) Aufruf-Argumente ===> |         | ---> 5) Exit-Status
   3) Umgebungs-Variable ===> | Prozess | <--> 6) Eltern/Kindprozess-PID
               4a) STDIN ===> |         | <--> 7) Signale
              3b) STDOUT <==  |         | <=== 8) Konfigurations-Dateien
                              +---------+
                                   /||
         ++================++======++======++==================++
         ||                ||              ||                  ||
         \/                \/              \/                  \/
  +--------------+   +-----------+   +-------------+   +----------------+
  | Dateien      |   | Netzwerk  |   | IPC (Inter- |   | Datenbank      |
  | (Geräte)     |   | (UDP/TCP- |   | process     |   | (Named Pipe,   |
  | (Named Pipe) |   | Socket)   |   | Communi-    |   | UNIX-Socket,   |
  |              |   |           |   | cation)     |   | UDP/TCP-Socket)|
  +--------------+   +-----------+   +-------------+   +----------------+

1.4) Unidirektionale Schnittstellen   (Toc)

Folgende Schnittstellen bieten eine Datenübergabe nur in EINER Richtung
und sind beschränkt auf Eltern-Prozesse und ihre Kind-Prozesse.

  +------------------------+-------------------------------------------------+
  | Schnittstelle          | Beschränkung/Richtung                           |
  +------------------------+-------------------------------------------------+
  | Programm-Name          | Eltern --> Kind                                 |
  | Aufruf-Argumente       | Eltern ==> Kind                                 |
  | Umgebungs-Variable     | Eltern ==> Kind                                 |
  | STDIN                  | Eltern ==> Kind                 #=> Geschwister |
  | STDOUT                 | Eltern <== Kind + Geschwister <=#               |
  | STDERR                 | Eltern <== Kind                                 |
  | Exit-Status            | Eltern <-- Kind                                 |
  | Eltern/Kindprozess-PID | Eltern <-> Kind                                 |
  | Signale                | Eltern <-- Kind + Geschwister <--> Geschwister  |
  +------------------------+-------------------------------------------------+

In grafischer Form:

  +---------+ -->   Programm-Name  --> +---------+  per Pipe |    +---------+
  |         | ==> Aufruf-Argumente ==> |         |   verbunden    |         |
  |         | ==>  Umgebungs-Var.  ==> |         |                |         |
  | Eltern- | ==>      STDIN       ==> |  Kind-  | STDOUT   STDIN |  Kind-  |
  | Prozess | <==      STDOUT      <== | Prozess | =============> | Prozess |
  |         | <==      STDERR      <== |    1    | <------------> |    2    |
  |         | <--    Exit-Status   <-- |         | Signal SIGPIPE |         |
  |         | <->  Elt/Kind-PID    <-> |         |                |         |
  +---------+ <-- Signal SIGCHLD   <-- +---------+                +---------+

2) Die Standard-Schnittstellen   (Toc)

2.1) Programm-Name   (Toc)

Jedem Prozess ist der Programm-Name bekannt, über den er gestartet wurde.
Dieser Programm-Name ist Teil der Aufruf-Argumente und zwar das 0-te Argument.
Normalerweise würde man erwarten, dass der Name eines Programms nur durch
Umbenennen veränderbar ist (was wenig sinnvoll erscheint). Unter UNIX können
allerdings in Form von Hardlinks und Symbolischen Links beliebig viele weitere
Namen für ein Programm vergeben werden (per "ln" bzw. "ln -s"). Der
Programmstart über einen Link führt dazu, dass der Programm-Name nicht mehr dem
eigentlichen Programm-Namen entspricht, sondern dem Linknamen.

  skript.sh       # Skript-Aufruf
  echo $0         # Programm-Name im Skript ausgeben --> .../skript.sh

Über diese "Argument" wird häufig das GRUNDVERHALTEN des Kommandos gesteuert.
Beispielsweise hat das Programm "bzip2" die zusätzlichen Namen "bunzip2" und
"bzcat". Ein weiteres typisches Beispiel ist das LVM-System (Logical Volume
Management), das ein einziges Hauptprogramm names "lvm" und 40 Unterkommandos
(namens "pv/vg/lv...") kennt, die alle als symbolische Links auf dieses
Hauptprogramm realisiert sind und das grundsätzliche Verhalten des
Hauptprogramms steuern.

  ln skript.sh hl.sh      # Hardlink auf Skriptdatei erstellen
  ln -s skript.sh sl.sh   # Symbolischen Link auf Skriptdatei erstellen
  hl.sh                   # Skript-Aufruf über Hardlink
  echo $0                 # Programm-Name im Skript ausgeben --> .../hl.sh
  sl.sh                   # Skript-Aufruf über Softlink
  echo $0                 # Programm-Name im Skript ausgeben --> .../sl.sh

Beispiel für die Abfrage des verwendeten Skriptnamens und unterschiedliche
Reaktionen darauf im Skript:

  case $(basename $0) in   # Reinen Programm-Namen extrahieren (ohne Pfad)
      skript.sh) echo "Per Name 'skript.sh' aufgerufen" ;;
      hl.sh)     echo "Per Name 'hl.sh' aufgerufen" ;;
      sl.sh)     echo "Per Name 'sl.sh' aufgerufen" ;;
      *)         echo "Per Name '$0' aufgerufen" ;;
  esac

2.2) Aufruf-Argumente   (Toc)

Umfassen alle beim Aufruf eines Programms hinter dem Programm-Namen auf der
Kommandozeile angegebenen Optionen (kurze "-x" und lange "--xxx") und Argumente
(Datei/Verz.namen, sonstige Parameter). Die erlaubte Maximallänge dieser Liste
ist sehr groß, aber nicht unbeschränkt (etwa 2 Mio Zeichen). Der Programm-Name
und die einzelnen Aufruf-Argumente werden durch "WHITESPACE" (Leerzeichen,
Tabulator, Newline) voneinander getrennt (--> Quotierung). Beispiel sind die
Optionen des Befehls "ls" und der Quell- und Zieldateiname des Befehls "mv".

HINWEIS: Leerzeichen trennen Argumente, das macht die Verwendung von Dateinamen
mit Leerzeichen umständlich (müssen mit "...", '...' oder \. quotiert werden).

Angabe von Aufrufparametern beim Programmaufruf:

  KMDO PARAM1 PARAM2 ...   # Aufruf eines Kommandos mit Parametern

Zugriff auf Aufrufparameter in der Shell:

  skript.sh a b c d e f    # Skript-Aufruf mit 6 Argumenten
  echo "1. Argument: $1"   # Im Skript --> a
  echo "2. Argument: $2"   # Im Skript --> b
  echo "3. Argument: $3"   # Im Skript --> c
  echo "4. Argument: $4"   # Im Skript --> d
  echo "5. Argument: $5"   # Im Skript --> e
  echo "6. Argument: $6"   # Im Skript --> f
  echo "Anz. Argum.: $#"   # Im Skript --> 6
  echo "Alle Argum.: $@"   # Im Skript --> a b c d e f
  echo "Alle Argum.: $*"   # Im Skript --> a b c d e f
  shift                    # Ersten Aufrufparameter entfernen, Rest nachrücken
  echo "$# - $*"           # --> 5 - b c d e f
  shift 4                  # Weitere 4 Aufrufparam entfernen, Rest nachrücken
  echo "$# - $*"           # --> 1 - 6

2.3) Umgebungs-Variable   (Toc)

Jeder Prozess hat einen Umgebungsbereich (Environment), in dem er Variablen +
ihre Werte hinzufügen, abfragen, ändern und löschen kann. Diese Variablen
werden meistens GROSS geschrieben. Die Größe dieses Bereiches ist unbeschränkt,
typischerweise stehen darin etwa 50-100 Variablen.

Diese Liste von Umgebungs-Variablen mit ihren Werten wird von jedem Prozess
beim Start eines Kindprozesses an diesen vererbt, indem beim Start eine KOPIE
der Liste des Elternprozesses erstellt und dem Kindprozess zugeordnet wird.

Jeder Prozess hat nur auf seinen EIGENEN Umgebungsbereich Zugriff, er kann
keine Variablen+Werte im Umgebungsbereich anderer Prozesse ändern. Am Ende
eines Prozesses VERSCHWINDET sein Umgebungsbereich mit den eigenen Variablen.

Beispiele sind Variable HOME, die den Befehl "cd" beeinflusst, Variable PATH
zur Steuerung der Suche nach eingetippten Kommandos und Variablen LANGUAGE,
LANG, LC_ALL, LC_MESSAGE, LC_... mit denen Spracheinstellung vieler Programme
festlegt werden.

Umgebungs-Variable in der Shell anlegen:

  export VAR          # Umgebungs-Variable definieren (exportieren)
  export VAR=TEXT     # Umgebungs-Variable mit Wert belegen (exportieren)
  KMDO                # Kommando starten, Umgebungs-Variablen werden kopiert
  VAR=TEXT ... KMDO   # Temporär Umgeb.var. mit Wert belegen vor Kmdostart
  VAR=                # Wert einer Umgebungs-Variable löschen --> Var. leer
  unset VAR           # Umgebungs-Variable entfernen --> Var. undefiniert

Zugriff auf Umgebungs-Variable in der Shell:

  echo $VAR     # Wert einer Umgebungs-Variable ausgeben
  echo ${VAR}   # Wert einer Umgebungs-Variable ausgeben
  env           # Alle aktuell gesetzten Umgebungs-Variablen auflisten
  env | sort    # ... alphabetisch sortiert auflisten

ACHTUNG: Umgebungs-Variable nicht mit Shell-Variablen verwechseln! Letztere
sind nur für die Shell selbst relevant und steuern deren Verhalten. Sie werden
ausschliesslich von der Shell verwendet und nicht an andere Prozesse
weitergereicht.

2.4) Standard-Ein/Ausgabekanäle (STDIN/STDOUT/STDERR)   (Toc)

Über die Standard-Ein/Ausgabekanäle kann jeder Prozess Daten mit anderen
Prozessen austauschen (meist mit der Shell). In der Regel handelt es sich dabei
um zeilenorientierte ASCII-Texte, aber auch Binärdaten können übertragen werden.
Sie eignen sich auch für die effiziente Übergabe sehr großer Datenmengen. Die
3 Kanäle haben feste Namen (STDIN, STDOUT, STDERR) und feste Nummern (0, 1, 2):

                             +---------+
               (0) STDIN ==> | Prozess | ==> STDOUT (1)
         (Std: Tastatur)     +---------+     (Std: Bildschirm)
                                  ||
                                  \/
                                STDERR (2)
                            (Std: Bildschirm)

Ein Prozess behandelt die 3 Kanäle wie bereits geöffnete sequentielle Dateien,
aus denen er ausschließlich lesen oder in die er ausschließlich schreiben kann.
D.h. darin neu positionieren ist nicht möglich, bereits gelesene Daten können
nicht erneut gelesen und bereits geschriebene Daten können nachträglich nicht
mehr verändert werden. Es kann auch nicht gleichzeitig per Umlenkung aus der
gleichen Datei gelesen und in sie geschrieben werden.

Diese Kanäle bilden die Grundlage der Dateiumlenkung und des Pipemechanismus
unter UNIX. Standardmäßig ist STDIN mit der Tastatur verbunden und STDOUT sowie
STDERR mit dem Bildschirm. Die aktuelle Belegung der drei Kanäle wird von einem
Elternprozess (meist die Shell) an seine Kindprozesse vererbt. EINMAL beim
Start eines Prozesses sind die Kanäle auch auf andere Dateien/Geräte umlenkbar.
In der Shell geschieht diese Umlenkung durch folgende Anweisungen:

  KMDO < DATEI     # Eingaben auf STDIN von DATEI lesen
  KMDO > DATEI     # Ausgaben auf STDOUT auf DATEI schreiben
  KMDO 2> DATEI    # Ausgaben auf STDERR auf DATEI schreiben
  KMDO1 | KMDO2    # STDOUT von KMDO1 mit STDIN von KMDO2 verbinden

Mehrere Kommandos lassen sich über ihre Standard-Ein/Ausgabekanäle leicht zu
einer "Filterkette" oder "Pipeline" zusammensetzen, indem per Pipe-Symbol "|"
die STDOUT- und die STDIN-Kanäle der Kommandos miteinander verbunden werden.

                   KMDO1     |      KMDO2     |      KMDO3
               +----------+     +----------+     +----------+
     STDIN ==> | Prozess1 | ==> | Prozess2 | ==> | Prozess3 | ==> STDOUT
 (Tastatur)    +----------+     +----------+     +----------+     (Bildschirm)
                    ||               ||               ||
                    \/               \/               \/
                  STDERR           STDERR           STDERR
               (Bildschirm)     (Bildschirm)     (Bildschirm)

Die Fehlerkanäle STDERR der verbundenen Prozesse werden nicht mit in den
Datenstrom eingeschleust, sondern bleiben getrennt pro Prozess --- sie werden
also normalerweise auf dem Bildschirm ausgegeben. Sollen die Fehlermeldungen an
eine Prozess weitergereicht oder auf Datei geschrieben werden, so ist pro
Kommando eine zusätzliche Dateiumlenkung für STDERR anzugeben (2> lenkt
Fehlerkanal auf Datei um, 2>&1 fügt ihn zu Kanal 1 hinzu).

  KMDO1 < INPUT 2> ERR1 | KMDO2 2> ERR2 | KMDO3 > OUTPUT 2> ERR3
  KMDO1 < INPUT 2>&1    | KMDO2 2>&1    | KMDO3 > OUTPUT 2>&1

Zugriff auf Standard-Ein/Augabekanäle in der Shell:

  read TEXT            # Text von Standard-Eingabe einlesen (stdin, 0)
  cat | ...            # Text von Standard-Eingabe einlesen (stdin, 0)
  echo "Ausgabe"       # Text auf Standard-Ausgabe ausgeben (stdout, 1)
  echo "Fehler" 1>&2   # Text auf Fehler-Ausgabe ausgeben (stderr, 2)

2.5) Exit-Status   (Toc)

Wird von jedem Prozess am Ende an seinen Elternprozess zurückgegeben:

  * Wert "0" bedeutet, dass der Prozess ERFOLGREICH ausgeführt wurde.
  * Wert ungleich "0" bedeutet, dass ein FEHLER auftrat.

Im Prinzip genügt diese Unterscheidung zum Erkennen, ob ein Prozess erfolgreich
durchlief oder im Rahmen seiner Tätigkeit ein Fehler auftrat. Falls von einem
Programm verschiedene Exit-Stati für verschiedene Fehlerarten zurückgegeben
werden, dann werden diese in der zugehörigen man-Page beschrieben.

Der Exit-Status kann vom aufrufenden Programm (Elternprozess, meist die Shell)
abgefragt und abhängig davon unterschiedlich reagiert werden. Existiert sein
Elternprozess nicht mehr, dann bleibt ein Kindprozess so lange als "Zombie" am
Leben (rein verwaltungstechnisch), bis er vom Betriebssystem mit dem Prozess
"init/systemd" verbunden wird und dort seinen Exit-Status abliefern kann.

Exit-Status in der Shell erzeugen (d.h. Abbruch der Shell/des Shell-Skripts):

  exit     # Exit-Status des zuletzt ausgeführten Kommandos zurückgeben
  exit 0   # Exit-Status 0 zurückgeben
  exit 1   # Exit-Status 1 zurückgeben

Zugriff auf Exit-Status eines Kommandos in der Shell:

  KMDO       # Kommando aufrufen --> liefert Exit-Status zurück
  echo $?    # Exit-Status des vorherigen Kommandos abfragen (geht nur 1x!)
             #
  if KMDO    # Exit-Status von Kommando abfragen und für Verzweigung nutzen
  then       # (geht nur 1x!)
      echo "Exit-Status == 0 --> alles OK!"
  else
      echo "Exit-Status != 0 --> irgendein Fehler!"
  fi
             #
  KMDO       # Kommando aufrufen --> liefert Exit-Status zurück
  ES="$?"    # Exit-Status von Kommando in Variable ES merken
  echo "$ES" # --> mehrfach nutzbar
  echo "$ES" # --> mehrfach nutzbar
  echo "$ES" # --> mehrfach nutzbar

2.6) Eltern/Kindprozess-PID   (Toc)

Jeder Kindprozess kennt die PID seines Elternprozesses (PPID = parent process
id) und der Elternprozess kennt die PIDs seiner Kindprozesse (child processes).
Die Kenntnis der PID ist zum gezielten Versenden von Signalen notwendig.

  echo $$      # Eigene Prozess-ID
  echo $PPID   # Elternprozess-ID
  CMD &        # Kommando im Hintergrund starten (Kind-Prozess)
  echo $!      # Prozess-ID des vorher gestarteten Hintergrundkommandos

2.7) Signale   (Toc)

Ein Prozess kann einen festen Satz von Signalen (Nachricht bestehend aus einer
Nummer von 0-31/63) von anderen Prozessen empfangen bzw. an andere Prozesse
senden. Über die (effektive) UID/GID von Sende- und Empfangsprozess und über
den "Signal-Handler" des Empfangsprozesses wird geregelt, ob ein Prozess darauf
reagiert oder nicht. Ein Signal kann im empfangenden Prozess abhängig von der
Signal-Nummer bestimmte Reaktionen auslösen (z.B. liest SIGHUP oft die
Konfigurations-Datei neu ein), ihn abbrechen (z.B. SIGKILL), es kann aber auch
ignoriert werden. Es gibt 32 (bzw. 64 Signale inkl. der Realtime = RT-Signale),
die wichtigsten sind:

  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | Name      | Nr | Bedeutung                                                 |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | SIGEXIT   |  0 | Bash: Am Skriptende (exit) ausgelöst                      |
  | SIGDEBUG  |  - | Bash: Nach jedem "einfachen Kmdo" ausgelöst               |
  | SIGRETURN |  - | Bash: Nach jedem Shell-Funktionsaufruf + ./source-Kmdo    |
  | SIGERR    |  - | Bash: Nach jedem "einfachen Kmdo" mit Exit-Status != 0 a. |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | SIGHUP    |  1 | Konfigurations-Datei erneut einlesen (Daemon)    [hangup] |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | SIGINT    |  2 | Abbrechen per <Strg-C>                        [interrupt] |
  | SIGKILL   |  9 | Bedingungsloser Prozessabbruch                     [kill] |
  | SIGTERM   | 15 | Prozess beenden (Standard-Signal von "kill")  [terminate] |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | SIGUSR1   | 10 | Benutzerspezifisch Nr 1                            [user] |
  | SIGUSR2   | 12 | Benutzerspezifisch Nr 2                            [user] |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | SIGCONT   | 18 | Ausgabe weiterlaufen lassen per <Strg-Q>       [continue] |
  | SIGSTOP   | 19 | Ausgabe anhalten per <Strg-S>                      [stop] |
  | SIGTSTP   | 20 | In Hintergrund stellen per <Strg-Z>      [terminate stop] |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+
  | SIGQUIT   |  3 | Prozessende erreicht                               [quit] |
  | SIGILL    |  4 | Nicht erlaubte Anweisung gefunden               [illegal] |
  | SIGBUS    |  7 | Bus-Zugriffsverletzung (Alignment)                  [bus] |
  | SIGFPE    |  8 | Mathematik-Fehler              [floating point exception] |
  | SIGSEGV   | 11 | Fehlerhafter Speicherzugriff          [segment violation] |
  | SIGPIPE   | 13 | Prozess in Pipeline nicht mehr da           [broken pipe] |
  | SIGALRM   | 14 | Timeout hat stattgefunden                         [alarm] |
  | SIGCHLD   | 17 | Ein Kindprozess hat sich beendet                  [child] |
  +-----------+----+-----------------------------------------------------------+

Einige Signale werden automatisch zwischen Eltern- und Kindprozessen
ausgetauscht (z.B. SIGCHLD, SIGPIPE) bzw. bei bestimmten Ereignissen
automatisch vom Betriebssystem an Prozesse verschickt (z.B. SIGILL, SIGBUS,
SIGFPE, SIGSEGV).

Endet ein Kindprozess, dann wird automatisch an den Elternprozess das Signal
SIGCHLD (17) geschickt. Endet ein per Pipe mit einem anderen Prozess verbundener
Prozess, dann wird an seinen Partnerprozess das Signal SIGPIPE (13) geschickt.

Alle Signale außer SIGKILL (9) und SIGTSTP (20) können von einem Prozess
abgefangen und so z.B. ignoriert werden.

HINWEIS: Die mit "Bash" gekennzeichneten Signale sind nur innerhalb eines
Bash-Skriptes relevant, es sind KEINE ECHTEN SIGNALE des UNIX-Systems.

Versenden von Signalen in der Shell:

  kill PID        # Signal 15 (TERM) an Prozess versenden (kontrolliert abbr.)
  kill -9 PID     # Signal 9 (KILL) an Prozess versenden (unbedingt abbrechen)
  kill -HUP PID   # Signal 1 (HUP) an Prozess versenden (Konfigdatei einlesen)
  KMDO            # Kommando starten
  <Strg-C>        # Signal 2 (INT) an laufendes Kommando senden
  KMDO            # Kommando starten
  <Strg-Z>        # Signal 20 (TSTP) an laufendes Kommando senden
                  # --> Angehalten und in den Hintergrund gestellt
  bg              # --> Im Hintergrund weiterlaufen lassen (background)
  fg              # --> Aus Hintergrund in Vordergrund holen (foreground)
  KMDO            # Kommando starten
  <Strg-S>        # Signal 19 (STOP) an laufendes Kmdo senden --> anhalten
  <Strg-Q>        # Signal 18 (CONT) an angehaltenes Kmdo senden --> weiterlaufen
  killall NAME    # Signale 15 (TERM) an alle Prozesse mit Kmdo NAME versenden
  kill -l         # Alle Signale mit Name + Nummer auflisten (list)
  man 3 signal    # Liste + Beschreibung aller Signale

Abfangen von Signalen in der Shell:

  trap "KMDO" EXIT   # Skriptende abfangen und KMDO ausführen (d.h. bei "exit")
  trap "KMDO" 1      # Signal 1 (HUP) abfangen und KMDO ausführen
  trap "KMDO" 2 15   # Signal 2+15 (INT+TERM) abfangen und KMDO ausführen
  trap               # Liste aller abgefangenen Signale ausgeben

2.8) Konfigurations-Dateien   (Toc)

Die meisten Programme lesen beim Start (und evtl. auch beim Empfang des Signals
SIGHUP=1) einen fest definierten Satz von Konfigurations-Dateien mit festen
Namen ein. Diese Konfigurations-Dateien heißen häufig so wie das Programm selbst
und liegen zentral im "/etc"-Verz. bzw. in den Heimatverz. der Benutzer in Form
von "versteckten" Dateien und/oder Verz. (Datei/Verz.name beginnt mit ".").

Beim Programm-Start wird zuerst die zentrale/globale Konfigurations-Datei aus
dem /etc-Verz. eingelesen, anschlie0end wird die benutzerspezifische/lokale
Konfigurations-Datei aus seinem Heimatverz. eingelesen. Letztere kann die
zentralen Einstellungen verändern/ergänzen/überschreiben. Hier als Beispiel die
Konfigurations-Dateien der Bourne-Shell "sh":

  /etc/profile   # Zentral
  ~/.profile     # Benutzerspezifisch

Oder für die Editoren "emacs", "vim" und "nano/pico":

  /etc/emacs/*   # Emacs zentral
  ~/.emacs.d/*   # Emacs benutzerspezifisch
  /etc/vimrc     # Vim zentral
  ~/.vimrc       # Vim benutzerspezifisch
  /etc/nanorc    # Nano/Pico zentral
  ~/.nanorc      # Nano/Pico benutzerspezifisch

Oder für den SSH-Server "sshd" und den SSH-Client "ssh":

  /etc/ssh/sshd_config   # Zentral (Server, ACHTUNG: "d"=Daemon im Namen)
  /etc/ssh/ssh_config    # Zentral (Client, ACHTUNG: KEIN "d" im Namen)
  ~/.ssh/ssh_config      # Benutzerspezifisch (Client)

Fehlt eine Konfigurations-Datei, so wird dies in der Regel stillschweigend
übergangen und das im Programm eingebaute Standardverhalten aktiviert.

HINWEIS: Werden Einstellungen in einer Konfigurations-Datei geändert, so ist
dies einem bereits laufenden Prozess per Signal SIGHUP mitzuteilen oder er ist
anzuhalten und neu zu starten, damit er sie erneut einliest.

3) Weitere Schnittstellen   (Toc)

Die weiteren Schnittstellen von UNIX-Programmen müssen explizit GEÖFFNET
werden, d.h. es muss im Programm explizit eine Verbindung dazu hergestellt
werden. Im Gegensatz dazu sind alle vorher beschriebenen Schnittstellen
AUTOMATISCH vorhanden und können sofort benutzt werden, ohne sich um den Aufbau
einer Verbindung zu kümmern.

  * Dateien (Gerätedatei)
  * Interprocess Communication (IPC)
    + Named Pipe (FIFO)
    + Locking
    + Semaphor
    + Message Queue
    + Shared Memory
    + Memory Mapped Files
    + UNIX-Socket
  * Netzwerk
    + UDP/TCP-Socket
  * Datenbank (UNIX-Socket, UDP/TCP-Socket)
  * Transaktionsmonitor
    + MOM = Message Oriented Middleware
    + ESB = Enterprise Service Bus
  * usw...

3.1) Dateien   (Toc)

Ein Prozess kann nahezu beliebig viele Dateien öffnen, auf die er je nach
Dateityp, Zugriffsmodus und Zugriffsrechten (auf Basis der effektiven UID/GID
des Prozesses und der UID/GID der Datei) sequentiellen/wahlfreien lesenden
und/oder schreibenden Zugriff hat. Als besondere Form von "Dateien" sind auch
"Gerätedateien" möglich, die den kontrollierten Zugriff auf Hardware erlauben.

Das UNIX-Betriebssystem führt kein "mandatory" Locking durch, sondern kennt nur
ein "advisory" Locking. D.h. mehrfacher gleichzeitiger Zugriff auf die selbe
Datei wird vom Betriebssystem nicht automatisch überwacht oder unterbunden.
Soll eine Datei dagegen geschützt werden, dann ist das Locking in die
Anwendung(en) einzubauen ("advisory" Locking). Das Betriebssystem stellt dafür
Mechanismen zur Verfügung (z.B. "flock").

3.2) Interprocess Communication (IPC)   (Toc)

Zur Kommunikation zwischen Prozessen stellt das UNIX-Betriebssystem mehrere
Mechanismen zur Verfügung, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben.

  * Named Pipe (FIFO):  Gemeinsam genutzte Datei im Dateisystem
                        (synchronisiert Zugriffe automatisch)
  * Locking:            Flag, das gemeinsam genutzte Resourc gegen
                        gleichzeitigen Zugriff schützt
  * Semaphor:           Zähler, der gemeinsam genutzte Resource gegen
                        gleichzeitigen Zugriff schützt
  * Message Queue:      Nachrichten versenden/puffern/empfangen
  * Shared Memory:      Gemeinsam genutzter Speicher für mehrere Prozesse
  * Memory Mapped File: Dateiinhalt in Prozessspeicher einblenden
                        (lesen/schreiben)
  * UNIX-Socket:        Analog UDP/TCP-Socket anzusteuern,
                        aber rein lokale Verbindungen ohne Netzwerk

3.3) Netzwerk   (Toc)

* UDP/TCP-Socket

3.4) Datenbank   (Toc)

* Noch zu tun!